Das Zollingerdach – gewölbtes Zoll-Lamellendach
Das Zollingerdach ist eine besondere Dachform, die in der frontalen Ansicht an einen Spitzbogen erinnert. Die große Dachwölbung erlaubt beim Hausbau einen geräumigen Ausbau des Dachraums. Allerdings eignet sich diese Bauweise nur sehr bedingt für eine moderne Dachdämmung, weshalb Zollingerdächer heute für Wohnbauten kaum noch gebaut werden.
Häufiger als bei Wohnhäusern ist dieses Dach bei Kirchen zu finden, wo die hohen, geschwungenen Decken viel Weiträumigkeit für schöne Gestaltungen bieten.
Geschichte des Zollingerdachs
Benannt ist das Zollingerdach nach seinem ersten Baumeister, dem Architekten Friedrich Reinhart Baltasar Zollinger. 1923 wurde das Dach zum Patent angemeldet. Bereits zum Anfang des 20. Jahrhunderts unternahm Zollinger Bauversuche für die neue Bauweise des Zoll-Lamellendachs.
Das dabei entwickelte Zollbauverfahren für das Rauten-Lamellendach wurde zum Ursprung eines neuen Dachtyps.
In den 1920er Jahren gab es für diese Dächer eine große Nachfrage. Die Bauweise aus kleinen Holzteilen für die Rauten eigneten sich gut für die industrielle Vorfabrikation und die Dächer waren somit einfach zu errichten. Die gute Ausbaufähigkeit der Dachräume war zudem für die kostengünstige Erstellung von Wohnraum bestens geeignet. Problemlos konnten in die Dachflächen auch Fenster eingebaut werden.
Die neuen gewölbten Dächer zeigten sich als besonders kostengünstig, da die Lamellen-Bauweise viel Material einsparte. Vielfach konnten beim Bau bis zu 50 % der Dachbaukosten eingespart werden. Als gut geeignet erwiesen sich die Zollingerdächer für die Errichtung kleinerer Wohnhäuser mit einem als Wohnung ausgebauten Dachgeschoss oder sogar zwei Dachgeschossen.
Zahlreiche Siedlungen mit Reihenhäusern wurden mit diesen Dächern errichtet. Verbreitet ist das Zollingerdach auch bei Kirchen zu finden, wo es Möglichkeiten für sehr schöne Innenkonstruktion eröffnete. Weiterhin wurden zahlreiche Hallen und öffentliche Gebäude mit einem Zollinger Lamellendach errichtet.
Im Laufe der Zeit erwies sich die Dachform jedoch als weniger vorteilhaft und wirtschaftlich. Größere Gebäude mit einer Zollinger Dachkonstruktion erforderten sehr umfangreiche statische Berechnungen, die die Planung am Ende verzögerten oder sogar eine gänzliche Neuplanung erforderlich machten. Den damaligen Statikern standen schließlich noch keine Computer zur Verfügung.
Dadurch wurden viele der Vorteile dieser Bauweise wieder zunichte gemacht. So blieb es am Ende bei einem eher beschränkten Boom für die Errichtung von Gebäuden mit einem Zollingerdach.
Das Zollingerdach – die Bauweise
Zugrunde liegt dem Dach das Prinzip vom Zoll-Lamellenbau. Das Dach mit dem zur Spitze zulaufenden gleichmäßig gewölbten Dachstuhl wird beim Bau von der Traufe zum First hin errichtet. Die ausgeprägte Rundung bewirkt eine großflächige Verteilung der gesamten Dachlast. Das Einsetzen von zusätzlichen Stützbalken entfällt daher. So entsteht ein sehr großzügiger, freier Dachraum.
Das Zollingerdach ist eine Holzkonstruktion aus zahlreichen Kleinteilen, die im exakten Maß schräg zu Rauten zusammengesetzt und miteinander verschraubt werden. Auf diese Weise wird die typische Wölbung des Dachs ermöglicht. Stabilität erhält die Konstruktion durch außen aufgesetzten Querbohlen. Zur Füllung der Räume zwischen den Holzteilen wird schließlich Schüttbeton verwendet. Abschließend wird das Dach mit Ziegeln gedeckt.
Vorteile und Nachteile beim Zollingerdach
Häuser mit Zollingerdächern wirken sehr dekorativ. Die zahlreichen Kleinteile für die Dachkonstruktion lassen sich perfekt standardisieren und industriell vorfertigen. Das erleichtert den Aufbau des Dachs. Der Holzverbrauch für den Dachraum ist im Vergleich zu vielen anderen Dächern mit Dachstuhl entschieden geringer.
Die Fertigteile ermöglichen einen einfachen Bau des Dachs, wenngleich der Zusammenbau diese Bauweise zeitaufwendig macht. Die entscheidenden Vorteile bei einem Zollingerdach ergeben sich aus der vielseitigen Nutzung der großen, freien Dachräume und der einfachen Fensterkonstruktion bei diesem Dachaufbau.
Auf den ersten Blick spricht somit sehr viel für das Dach. Doch es gibt auch Nachteile. Die Dachflächen mit recht geringen Durchmessern lassen leicht Kälte und Feuchtigkeit eindringen. Dächer dieser Bauweise lassen sich nur mit sehr hohem Aufwand dämmen. Die Konstruktionen sind nicht dick genug, um daran Dämmstoffe direkt zu befestigen.
Daher müssen aufwendige neue Tragkonstruktionen angebracht werden. Als bestes Material für die folgende Dämmung hat sich vielfach Steinwolle gezeigt. Die Schwierigkeiten bei der Dachdämmung machen einen Neubau mit einem Zollingerdach wenig wirtschaftlich. Bei einem gut erhaltenden alten Zollingerdach lohnt sich jedoch der Aufwand, damit die großen, bereits seit langer Zeit ausgebauten Wohnbereiche im Dachraum erhalten bleiben.
Zollingerdach für das Gartenhaus
Optisch ist ein Haus mit einem Zollingerdach sehr reizvoll. Was für ein Wohnhaus nach heutigen Maßstäben kaum noch infrage kommt, können Bauherren jedoch bei einem Nebengebäude auf dem eigenen Grundstück umsetzen. So könnte z.B. ein Gartenhaus mit einem gebogenen Zollingerdach sich in der Gartenlandschaft sehr attraktiv ausnehmen.
Hier könnte der obere Dachraum durch eine Zwischendecke abgeteilt und als Stauraum für diverse Dinge dienen. Damit mit einer flexiblen Gartenhausheizung an kühlen Abenden nicht zu viel Energie verschwendet wird, lässt sich die gerade Zwischendecke einfach dämmen. Für ein kleines Nebengebäude fällt auch der Zeitaufwand für die Montage des Dachs weniger ins Gewicht.